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Navigation überspringenKommentar zu den Ergebnissen der Umfrage zu Ehe, Familie und Partnerschaft
Der Bundesvorstand des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend kommentiert die Ergebnisse der Umfrage zu Ehe, Familie und Partnerschaft zur Vorbereitung der außerordentlichen Bischofssynode 2014 wie folgt:
An der Umfrage, die drei Wochen lang online war, haben sich fast 10000 Menschen beteiligt. Der BDKJ registriert diese hohe Beteiligung mit Freude, zeigt sie doch, dass viele Menschen antworten, wenn sie von der Kirche nach ihrer Meinung gefragt werden. Zwar ist die Zahl derjenigen, die einzelnen Aspekten der kirchlichen Lehre kritisch gegenüberstehen, hoch, aber die Kirche ist denen, die sich hier kritisch positionieren, nicht gleichgültig. Dieses Interesse und die Bereitschaft, sich zu äußern, bewertet der BDKJ ausgesprochen positiv.
Zur Lehre der Kirche
Die Grundzüge der Lehre der Kirche zu Partnerschaft, Ehe und Familie sind den Teilnehmenden an der Umfrage weitgehend bekannt, die Mehrheit der Antwortenden sieht sich jedoch in ihrer persönlichen Lebensführung dem eigenen Gewissen, nicht der kirchlichen Autorität verpflichtet. Der BDKJ bewertet dies nicht als Zeichen sinkender Moral, sondern im Gegenteil positiv: Sittliche Entscheidungen können nur solche sein, die vor der Instanz des eigenen Gewissens vertreten werden. Die Befähigung, das eigene Leben in Verantwortung zu gestalten und sittliche Entscheidungen zu treffen, ist ein wichtiges Ziel kirchlicher Jugendarbeit, damit Christinnen und Christen ihren Lebens- und Glaubensweg finden und in Verantwortung gehen können. Wenn es nun häufige Abweichungen zwischen der Gewissensentscheidung der Einzelnen und der Lehre der Kirche gibt, ist zu fragen, ob die Vorgabe der Regeln noch sinnvoll ist oder ob sich die Kirche damit nicht aus dem Diskurs über verantwortliches Handeln in Beziehungen verabschiedet, weil ihre Positionen nicht mehr vermittelbar sind. Wie eine Mehrheit der Antwortenden sieht es auch der Bundesvorstand des BDKJ mit Sorge und Bedauern, wenn die Kirche auch zu anderen Fragen der Gerechtigkeit, des Friedens, der Nächstenliebe nicht mehr ernstgenommen wird, weil ihre Lehre zu Ehe, Familie, Sexualität nicht zu ihrer Lebensrealität passen.
Zur Familienpastoral, zur Erziehung der Kinder in irregulären Ehesituationen, zu Gläubigen in schwierigen Ehesituationen
Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden an der Umfrage gibt an, in der Familie an den Glauben herangeführt worden zu sein. Glaube und Kirche spielen in einer etwas geringeren Anzahl von Familien eine Rolle, noch etwas weniger Familien pflegen eine gemeinsame Gebetspraxis, besonders häufig genannt wurden hier Tischgebete, gefolgt von Abendgebeten. Bei den Familien mit Trennungsgeschichte liegt der Wert durchweg etwas niedriger und bei der Frage nach der Gebetspraxis deutlich niedriger. Allerdings geben auch die Teilnehmenden aus Familien ohne Trennungsgeschichten in den Freitextantworten gehäuft an, dass sich die Eltern nicht einig gewesen seien in Bezug auf die Glaubensweitergabe.
20% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Familien mit Trennungsgeschichte fühlen sich in der Kirche diskriminiert. Dieser Wert ist zwar schon deutlich niedriger als der entsprechende Wert in der Altersgruppe über 27 Jahren, in der sich der frühere Umgang mit von Trennung betroffenen Personen widerspiegelt. Dennoch ist der Wert schockierend hoch. Der BDKJ setzt sich dafür ein, dass alle Kinder, Jugendliche und jungen Erwachsene in der Kirche willkommen und wertgeschätzt sind, nicht nur die mit einem den kirchlichen Erwartungen entsprechenden Elternhaus.
Die Glaubensweitergabe funktioniert in vielen Familien gut, wobei die Thematisierung von Glaubens- und Kirchenthemen deutlich häufiger ist als das gemeinsame Gebet. Der BDKJ setzt sich dafür ein, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene auch außerhalb der Familie Orte finden, wo sie in den gelebten Glauben hineinwachsen können.
Die Hälfte der Teilnehmenden lebt in einer Beziehung, der weitaus größte Teil davon unverheiratet. Der BDKJ vertritt Menschen in Lebensphasen, die durch die Arbeit an der eigenen Identität gekennzeichnet ist und zu der auch das Einüben in Beziehungsleben und die Suche nach einer Lebenspartnerin/einem Lebenspartner wichtig ist.
Der BDKJ fühlt sich bestätigt in seiner Wahrnehmung, dass Jugendliche und junge Erwachsene verantwortungsvoll mit der gelebten Sexualität in ihren Beziehungen umgehen. Dazu gehört auch, verantwortlich mit der eigenen Fruchtbarkeit umzugehen und der Übertragung von Geschlechtskrankheiten vorzubeugen. Zugleich sieht der Bundesvorstand des BDKJ, dass viele junge Menschen über lange Phasen der Ausbildung und des Berufseinstiegs in wirtschaftlich unsicheren Situationen leben und aus diesem Grund die Familiengründung in spätere Jahre verschieben. Der BDKJ sieht hier deutlichen Handlungsbedarf, politisch darauf hinzuwirken, dass junge Menschen nicht bis deutlich über das 30. Lebensjahr hinaus in wirtschaftlich unsicheren Situationen leben, beispielsweise aufgrund befristeter Arbeitsverträge. Dieser Handlungsbedarf betrifft auch die Kirche, denn auch im kirchlichen Bereich werden immer mehr Stellen nur noch befristet ausgeschrieben.
Zu Menschen in homosexuellen Beziehungen
Der BDKJ-Bundesvorstand schließt sich der Forderung nach Akzeptanz homosexueller Beziehungen an und sieht überdies die dringende Notwendigkeit, den Naturrechts-Begriff grundlegend zu überdenken. Fundament für naturrechtliche Argumentationen kann nicht sein, was sein soll – nämlich eine heteronormative Ordnung –, sondern kann nur sein, was ist, und zu den biologischen Grundlagen menschlichen Lebens gehört auch eine Diversität der Ausprägungen der sexuellen Orientierung.
Zu weiteren Äußerungen
Der BDKJ-Bundesvorstand sieht mit Unbehagen die tiefe Kluft zwischen Menschen, die der kirchlichen Lehre mindestens in Teilen kritisch gegenüber stehen, und Menschen, die diese Lehre treu befolgen. Die Argumente beider Gruppen werden teils mit großer Vehemenz vorgetragen, was zu begrüßen ist, weil es bedeutet, den eigenen Standpunkt engagiert zu vertreten. Allerdings fordert der Bundesvorstand des BDKJ, dass keine Gruppe der anderen das Katholischsein bzw. die Mündigkeit im Glauben absprechen darf, und will darauf hinwirken, dass es in der Kirche ein tolerantes Miteinander von Menschen verschiedener Auffassungen zu bestimmten Fragen gibt und nicht einzelne Lehrfragen, sondern der auferstandene Christus im Mittelpunkt steht.
Die Antworten in den Freitextfeldern verdeutlichen auch, dass der Skandal der in der Kirche verübten sexuellen Gewalt nicht vergessen ist und dass die Glaubwürdigkeit der Kirche noch nicht umfassend wieder hergestellt werden konnte. Der BDKJ will durch weitere Präventionsarbeit dazu beitragen, dass nicht noch mehr Verletzungen entstehen können, und fordert weiterhin Aufklärung und Transparenz im Umgang der Kirchenleitung mit den Verbrechen, die im Raum der Kirche begangen worden sind, sowie die nachhaltige Verankerung wirksamer Präventionsmaßnahmen. Dazu gehört auch die Befähigung zu eigenen sittlichen Entscheidungen, anstelle der Einschärfung von Verboten im Bereich der Sexualität.
Der BDKJ-Bundesvorstand
Simon Rapp, Dirk Tänzler und Lisi Maier