Nachdem das Nachrichtenmagazin Der Spiegel am 07.07.2025 Details aus dem Referent*innen-Entwurf zur Reform des Wehrdienstgesetzes berichtet hatte, nahm die gesellschaftliche Debatte über die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht in Deutschland erneut Fahrt auf. Der BDKJ hat bereits im Herbst 2024 Stellung zum damaligen Entwurf aus dem Bundesverteidigungsministerium bezogen. Vor dem Hintergrund der Formulierungen des Koalitionsvertrags der Bundesregierung, „einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert“ zu schaffen, sowie dem Beschluss des Bundesparteitags der SPD Ende Juni 2025, bleiben dennoch viele Fragen offen.
„Noch bevor der Gesetzesentwurf überhaupt ins Kabinett eingebracht worden ist, beginnt aus unserer Sicht eine gesellschaftliche Debatte, deren Ziele nicht im Einklang mit den bisherigen Verlautbarungen der Bundesregierung stehen. Statt sich ernsthaft darum zu bemühen, die Freiwilligkeit im Wehrdienst sowie den Jugendfreiwilligendiensten und dem Bundesfreiwilligendienst jetzt zum Erfolg zu führen, konzentrieren sich gesellschaftliche und politische Akteur*innen auf Fragen der Umsetzung einer möglicherweise notwendigen Pflicht und beginnen präventiv die Freiwilligkeit zu unterminieren. Das setzt den Wert eines freiwilligen Engagements herab und schwächt das Vertrauen in den Umsetzungswillen der Regierung“, sagt BDKJ-Bundesvorsitzende Lena Bloemacher.
Der BDKJ positionierte sich zuletzt 2024 deutlich gegen die Wiedereinsetzung einer Wehrpflicht oder die Einführung eines allgemeinen sozialen Pflichtdienstes. Mit einem attraktiven Angebot in Verbindung mit einer an das schwedische Modell angelehnten Umsetzungsvariante können die Bedarfe der Bundeswehr gedeckt werden; für die sozialen Freiwilligendiensten zeigte unlängst ein juristisches Gutachten der Bertelsmann-Stiftung, dass ein Rechtsanspruch auf Förderung eines Freiwilligendienstes, wie der BDKJ ihn mit vielen weiteren Verbänden in der Vision 2030 fordert, rechtlich umsetzbar ist.
„Der am 14.07.2025 vorgestellte Abschlussbericht der Initiative für einen handlungsfähigen Staat unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten berücksichtigt diese Alternative leider nicht und fordert wie schon im Zwischenbericht eine allgemeine soziale Dienstpflicht. Gerade dieser Idee stehen hohe juristische Hürden entgegen. Es ist enttäuschend, dass sich nicht den pragmatischen und weniger adultistischen Umsetzungsideen angeschlossen wird. Dabei würden diese einen Engagement ermöglichenden, handlungsfähigen Staat stärken“, so Bloemacher weiter.
Die Debatte der letzten Woche könnte zu der Befürchtung verleiten, dass die Bundesregierung kein Interesse an einer echten Freiwilligkeit in Bundeswehr und Zivilgesellschaft hat und nur Zeit überbrückt werden soll, in der die Bundeswehr strukturell in die Lage versetzt wird, eine Wehrpflicht umsetzen zu können. Hierbei werden die zivilen Freiwilligendienste schlicht vergessen, wie Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbands kritisierte. Der BDKJ teilt ausdrücklich diese Kritik seines Kooperationspartners. FSJ, FÖJ und BFD sind weit mehr als ein möglicher Wehrersatzdienst: Sie sind ein Bildungs- und Orientierungsjahr. Zugleich leisten junge Menschen freiwillig wichtige Hilfen in sozialen Einrichtungen und stärken so den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
„Weder ein allgemeiner sozialer Pflichtdienst noch ein Ersatzdienst wie der Zivildienst ließen sich zukünftig ohne die zivilgesellschaftlichen Verbände, unsere Strukturen und Einrichtungen umsetzen. Wir müssen als gleichberechtigte Partner*innen angesehen werden und erwarten, dass unsere konstruktiven Vorschläge ernsthaft diskutiert werden – gemeinsam mit jungen Menschen und nicht über sie!“, schließt Lena Bloemacher ab.