Das (entwicklungspolitische) Engagement in Jugend- und Diözesanverbänden von zurückgekehrten Freiwilligen

Tipps und Kniffe für die Begleitung von ehemaligen Freiwilligen

Diözesanverbände und Jugendorganisationen des BDKJ sind als (weltwärts) Entsendeorganisationen aktiv. Sie wollen jungen Menschen Lernorte bieten, um sich mit globalen Fragen zu befassen. Eine entwicklungspolitische Wirkung des Lerndienstes zeigt sich oft erst nach der Rückkehr der jungen Menschen. Die Frage, die sich der Entwicklungspolitische Ausschuss (EPA), das Referat für Entwicklungsfragen und das Referat für den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst gestellt haben, lautet: Wie können zurückgekehrte Freiwilligendienstleistende in Jugendverbänden entwicklungspolitisch gut wirken?

Daraus leiteten sich im Laufe eines Fachtages weiter Fragen ab:

  • Wie kann das entwicklungspolitische Engagement von Rückkehrenden (insbesondere) für die entwicklungspolitische Bildungs- und Begegnungsarbeit im BDKJ und seinen Mitgliedsverbänden gestärkt werden?
  • Wie können die Ressourcen und Kompetenzen, die Freiwillige während ihres Aufenthaltes im Ausland erlangen, für die Strukturen und Anliegen der Jugendverbände genutzt werden?
  • Und welchen Rahmen bedarf es, um Mitarbeitende und Mandatsträger fortwährend für die Förderung von Rückkehrendenengagement zu sensibilisieren und anschlussfähige Angebote für ehemalige Freiwillige zu initiieren?

Die Fragen wurde bei einem Fachtag im April 2018 in Mainz erörtert. Vorangig ging es dabei um einen Austausch zwischen den Mitarbeitenden, haupt- und ehrenamtlichen Mandatsträger*innen in den Jugend- und Diözesanverbänden, welche diesen Arbeitsbereich verantworten, zu ermöglichen und voneinander zu lernen. Der Fachtag hatte das Ziel der Vernetzung und des Sichtbarmachens von gelungenen Initiativen.

 

Gelingensfaktoren für die Rückkehrer*innen Arbeit

Worauf man achten sollte

Nachfolgend sollen Faktoren vorgestellt werden, durch die eine gute und aktive Rückkehrendenarbeit gelingen kann.

Für einen guten Kontakt zu den zurückgekehrten Freiwilligen ist es wichtig, viele Seminare eigenständig durchzuführen. Während der pädagogischen Begleitung insbesondere im Rahmen der Rückkehrseminars können Träger eine enge Bindung zu den Freiwilligen aufbauen. Persönliche Kontakt zu Mitarbeitende beim Träger/ im Verband, der die Entsendung verantwortet, wirken sich positiv auf den weiteren Werdegang aus. Dem gegenüber steht die personelle Fluktuation in vielen Organisationen und das Outsourcen von Bildungstagen, weil die Gruppe der Freiwilligen zu klein erscheint.

Ein zweites Rückkehrer*innen-Seminar mit zeitlichem Abstand zur Heimkehr bietet sich an, um darauf zu reagieren, dass die Freiwilligen in einem ersten Schritt und kurz nach der Heimreise einen Ort benötigen zur Reflektion des unmittelbar im Ausland erlebten. In einem zweiten Schritt können die jungen Menschen den Blick nach vorne richten und sind offen für neue Engagementfelder. Sie zeigen dann eine größere Bereitschaft, Ideen zu entwickeln, um sich entweder an ihrer neuen Wohnstätte (oftmals kommt es zu Umzügen) oder in ihrer neuen Lebensphase ehrenamtlich zu engagieren. Das zweite Rückkehr-Seminar kann genutzt werden um Projektideen zu konkretisieren und Budget zu akquirieren. Hierbei ist es allerdings ebenso wichtig, dass Freiwillige, die signalisieren, dass sie sich nicht weiter engagieren möchten, einen guten Abschied geboten bekommen, sodass sie nicht mit einem schlechten Gefühl zurückgelassen werden. In jedem Fall sollten die Freiwilligen im Seminar dazu befähigt werden, sich über Engagement-Möglichkeiten zu informieren und die Vernetzung seitens des Trägers angeboten werden.

Die Vernetzung von ehemaligen Freiwilligen, die am gleichen Ort leben bzw. im selben Land ihren Dienst verrichtet haben, hilft den neu zurückgekehrten Freiwilligen schneller Anschluss zu finden. Wenn Träger hier Brücken bauen, werden die jungen Menschen es ihnen danken.

Eine aktive Rückkehrer*innen-Arbeit baut auf einer guten Kommunikation. Dabei hilft es, die Kommunikation zwischen den Freiwilligenjahrgängen zu fördern; so entsteht eine Gruppendynamik und eine Wir-Gefühl. Das Aufzeigen von passenden, individuellen Angeboten erzeugt einen größeren Rücklauf, statt zu pauschalisieren und anonyme Ansprache per Mail zu üben. Somit wird eine Kontaktverlängerung geschaffen, indem ehemalige Freiwilllige zu regelmäßigen Terminen zum Beispiel eine Grußbotschaft erhalten, ggf. angepasst auf individuelle Interessen.

Die Etablierung von festen Terminen, wie zum Beispiel der Tag der Deutschen Einheit, oder der erste Samstag im Juli, für Aktionen mit Rückkehrenden schaft eine gewisse Kontinuität und Verlässlichkeit. So können Rückkehrenden das Datum fest einplanen bzw. freihalten.

Eine gute Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements von ehemaligen Freiwilligen kann durch Honorar an Teamende oder die Erstattung von Fahrtkosten gelingen. Um dem Wunsch nach Weiterbildung zu entsprechen, können Fortbildungsangebote angeboten oder kofinanziert werden.

Viele Rückkehrende freuen sich zu einem späteren Stadium auch über Hlfestellung beim Eintritt ins Arbeitsleben. In dem Stellenangebote an eheamlige Freiwillige weitergeleitet werden kann es gelingen, den Nachwuchs aus dem Kreis von Rückkehrenden zu rekrutieren.

Best Practice Beispiele für die Rückkehrer*innen Arbeit

Aus dem Erfahrungsschatz vom BDKJ Rottenburg-Stuttgart
  • Innerhalb der Strukturen der Trägerorganisation

In die Vorbereitung von neuen Freiwilligen lassen sich Rückkehrer*innen wunderbar einbinden (Peer-to-Peer-Ansatz). Sie geben wichtigen Input und haben oft noch einen aktuelleren und näheren Kontakt in die Einsatzländer. Sie erlernen pädagogische Fähigkeiten und werden zu idealen Honorarkräften für den Seminarbereich geschult.

Auch die Begleitung von Incoming-Freiwilligen stellt einen abwechslungsreichen und interkulturellen Bereich der Rückkehrendenarbeit dar. Süd-Nord-Freiwillige können von zurückgekehrten Nord-Süd-Freiwilligen begleitet und unterstützt werden. Vor allem die sprachliche Barriere stellt in den ersten Wochen nach der Ankunft die größte Herausforderung dar. Bei einem Team aus Rückkehrer*innen, die ihren Freiwilligendienst in unterschiedlichen Ländern und Regionen absolviert haben, lassen sich oft alle Sprachen der Incomer*innengruppe abbilden. Es können ein Willkommensfest, verschiedene Aktionen und Ausflüge im Ankommens-Monat, sowie Tandems organisiert werden. Als weiteres Feld innerhalb des Incoming-Bereichs, bietet es sich an, Sprachkurse für die Süd-Nord-Freiwilligen von Nord-Süd-Freiwilligen durchführen zu lassen. Oft gibt es Studierende, die im Begleitfach “Deutsch als Fremdsprache” studieren und ihre Kenntnisse gerne direkt in der Praxis anwenden möchten.

Als weiteres Engagementfeld innerhalb der Trägerstruktur bietet sich die Hilfe beim Kochen für die Vorbereitungskurse an. Wenn es sich bei den Seminarhäusern um Selbstversorgerhäuser handelt, kann durch ein eigenes Kochteam nicht nur Geld gespart werden, sondern es kann auch ein Gruppengefühl bzw. ein Familienverständnis geschaffen werden, indem ehemalige Freiwillige die Neuen kennenlernen und von ihren Erfahrungen berichten.

Eine weitere Möglichkeit und Chance, Erfahrungen und die Lust am Freiwilligendienst an zukünftige Freiwillige weiterzugeben, bietet sich bei sogenannten „Länderseminaren“. Diese können eigenständig durch ehemalige Freiwillige koordiniert und durchgeführt werden. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart wird das „Länderseminar Lateinamerika“ komplett von ehemaligen Freiwilligen vorbereitet und durchgeführt. Die hauptamtliche Person kümmert sich lediglich um die Gesamtstruktur, den groben Ablauf, die Materialien, die Fahrtkostenerstattungen für die Teamer*innen und den Kontakt zu den Freiwilligen. Zwei Rückkehrer*innen übernehmen auf Honorarbasis die Hauptkoordination, kümmern sich um den Kontakt zu den Teamer*innen der Ländergruppen, stellen ein Programm zusammen, holen die Materialien im Büro ab und organisieren den Shuttleservice zum Seminarhaus. Die Teamenden stellen ein eigenes Programm für ihre Ländereinheiten zusammen, wie zum Beispiel ein Quiz zur Geschichte des Landes oder Präsentationen über Land, Leute und Religion(en). Während des Seminars, das von Freitag bis Sonntag stattfindet, finden Einheiten in den einzelnen Ländergruppen und andere Programmgruppe in der großen Gruppe statt. Am Samstagabend findet immer eine „Fiesta Latina“ statt, bei der unterschiedliche Spiele und Tänze aus lateinamerikanischen Ländern ausprobiert werden. Es besteht auch die Möglichkeit für Reversler*innen am Seminar teilzunehmen; dies bringt die neuen Freiwilligen direkt in Kontakt zu jungen Menschen aus Lateinamerika und erste Freundschaften können geknüpft / Brücken gebaut werden.

Bei einem generellen Infotag zum Freiwilligendienst können Rückkehrer*innen ihre Erlebnisse und Erfahrungen in kurzen Präsentationen weitergeben. Sie kommen mit den Eltern der neuen Freiwilligen ins Gespräch und werden direkt zu Multiplikator*innen des Freiwilligendienstes.

Wenn ihr einen Aussendungsgottesdienst für die Freiwilligen organisiert, überlegt doch, ob nicht auch ein/e Freiwillige/r die Predigt übernehmen kann.

Viele Ehemalige genießen es, wenn im Anschluss an den Freiwilligendienst Treffen mit inhaltlichem Input angeboten werden, bei denen man Themen für sich vertiefen kann. Beim BDKJ Rottenburg-Stuttgart findet jährlich über den Tag der Deutschen Einheit ein Rückkehrer*innen-Forum, mitfinanziert durch Teilnehmer*innen-Beiträge, statt, bei dem es nicht um das persönliche Engagement geht, sondern mehr um den Lerneffekt durch die inhaltlichen Themen der Einen Welt. Bei der Gestaltung des Forums können sich alle einbringen. Es wird ein Ort geschaffen bei dem sich Rückkehrer*innen aus unterschiedlichen Jahrgängen begegnen und wieder treffen können.

In einigen Diözesen werden auch Besinnungstage für die Rückkehrer*innen angeboten. Auch hier geht es darum, den ehemaligen Freiwilligen Treffen anzubieten, bei denen sie sich nicht aktiv einbringen müssen, sondern sich auch einmal entspannen und genießen können.

  • Innerhalb der Jugend- und Diözesanverbänden/ auf Bundesebene

Es bietet sich an, eine Arbeitsgruppe rund um die Themen der Einen-Welt-Politik mit Rückkehrer*innen und anderen interessierten Verbandsmitgliedern zu gründen. Der BDKJ Rottenburg-Stuttgart hat beispielsweise einen Arbeitskreis Eine-Welt-Politik, ursprünglich gegründet von Rückkehrer*innen des Weltkirchlichen Friedensdienstes, mittlerweile aber als fester Bestandteil des BDKJ und seiner Mitglieder.

Jährlich plant der BDKJ gemeinsam mit Misereor eine Jugendaktion zu verschiedenen entwicklungspolitischen Themen. Die Themen können aufgegriffen werden und es können Aktionen und Workshops rund um die Themen mit den Rückkehrer*innen durchgeführt werden.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich selbst eine entwicklungspolitische Jugendaktion zu überlegen und durchzuführen. Die Jugendaktion des BDKJ Rottenburg-Stuttgart findet alle zwei Jahre statt. Dabei wird sie immer in einem Jahr geplant und im anderen Jahr finden die Aktionstage und/oder Workshops statt. Auf den „Welt-Sicht-Tagen“ am zweiten Januarwochenende treffen sich Rückkehrer*innen und andere Interessierte um sich auf ein Thema zu einigen bzw. konkrete Schritte zu planen. Des Weiteren bekommen sie inhaltlichen Input zu unterschiedlichen Themen der Einen-Welt-Arbeit. Im Folgenden wird von den Ehernamtlichen Material entwickelt; dieses kann ganz unterschiedlich aufgebaut und struktuiert sein. Je nachdem worauf die Rückkehrer*innen Lust haben entstehen dabei Workshops, Theaterstücke, Plakataktionen, Politaktionen, Begegnungstage uvm..

Die Aktion Dreikönigssingen des BDKJ und des Kindermissionswerk "Die Sternsinger" e.V. bietet eine gute Möglichkeit Multiplikator*innen für entwicklungspolitische Themen zu gewinnen. Beispielsweise bei den Sternsinger-Workshops in den Gemeinden für die Ehrenamtlichen können Rückkehrer*innen das aktuelle Thema der Aktion Dreikönigssingen vorstellen und die Inhalte gemeinsam mit den Ehrenamtlichen erarbeiten. Bei der Sternsinger-Eröffnungsfeier werden auch immer tatkräftige Helfer*innen gesucht.

Auch die 72 Stunden Aktion kann genutzt werden, um den Kontakt zu ehemaligen Freiwilligen wieder aufleben zu lassen bzw. alte Ausreisejahrgänge wieder zusammenzubringen.

Weitere Aktionen im Bereich der Jugend- und Bildungsarbeit, die sich ideal auch für die Rückkehrer*innen-Arbeit eignen, sind der WELTfairÄNDERER oder die KSJ Schülerweltläden.

  • In Kooperation mit den kirchlichen Hilfswerken

Es besteht auch die Möglichkeit die Rückkehrerendenarbeit gemeinsam mit katholischen Hilfswerken durchzuführen. Diese Engagementfelder können beispielsweise auf dem zweiten Rückkehrendenseminar von den einzelnen Hilfswerken selbst vorgestellt werden. Es lassen sich hierbei auch gute Kooperationen ausmachen. Bei missio können Rückkehrer*innen beispielsweise den Missio-Truck (aktuell zum Thema Flucht) begleiten. Dafür wird eine extra Schulung angeboten. Der Truck ist in ganz Deutschland auf unterschiedlichen Messen, wie beispielsweise der Fair-Handeln-Messe, Schulen und Events unterwegs. Des Weiteren sucht missio immer engagierte Prediger*innen für die außerordentlichen Missio-Sonntage und freut sich über engagierte ehemalige Freiwillige, die von ihren Erfahrungen mit der Weltkirche in den Gemeinden erzählen.

  • Weitere Möglichkeiten

In einigen Diözesen, wie dem Erzbistum Freiburg, wurden auch Vereine von Rückkehrer*innen gegründet, die ein weites Feld der Rückkehrer*innen-Arbeit übernehmen. Sie organisieren Veranstaltungen und kümmern sich in ihren Strukturen um die Begleitung von Süd-Nord-Freiwilligen. Auch Partner*innen-Aktionen in den Einsatzländern bieten eine attraktive Möglichkeit für zurückgekehrte Freiwillige sich in Deutschland zu engagieren und den Kontakt zur Einsatzstelle nicht zu verlieren.

Es ist wichtig, unterschiedliche Engagementformen für die einzelnen Typen von Rückkehrer*innen anzubieten, sodass jede/jeder ein geeignetes Feld für sich finden kann.

Während es ehemalige Freiwillige gibt, die eher punktuell, für einzelne Aktionen oder Termine motiviert sind, sogenannte "Eintagsfliegen", gibt es auch andere, die sich gerne für eine lange Zeit oder auch in verschiedenen Bereichen engagieren. Während sich „Kreative“ lieber mit der Konzeption und im Vorfeld der Aktion engagieren, sind „Mitmacher*innen“ vielleicht gerne einfach dabei und nehmen die Aktion so an wie sie geplant wurde. Manche engagieren sich lieber als „Teamer*innen“ in der Seminararbeit, andere als „Denker*innen“ oder „Philosoph*innen“ zum Beispiel beim Predigen in Gottesdiensten. Es gibt Leute, die halten sich lieber hinter den Kulissen auf, wiederum andere sind die geborenen „Aktivist*innen“. Viele Freiwillige sehen ihr Engagement auch in Form von Freundschaft. Sie sind gerne „Freund*in“ der Incomer*innen und binden die Freiwilligen in das deutsche Leben ein. Außerdem gibt es auch „Gremien-Liebhaber*innen“, die gerne für ihre Gruppe sprechen und die Wünsche und Forderung nach außen tragen.

Zur Akquise von Zuschüssen

Wegweiser um Fördermittel zu beantragen

Initiativen für und mit Rückkehrenden zu gestalten , kostet Geld!

Die Beantragung von öffentlichen Zuschüssen erfordert oftmals die Begleitung durch zusätzliche hauptamtliche Struktur.

Es gibt verschiedene Zuschussgeber, an die sich Freiwillige oder Träger(-verbünde) wenden könnten, um Fördermittel zu beantragen. Die folgende Handreichung enthält wertvolle Hinweise auf Fördertöpfe:

Finanzierungsratgeber Rückkehrendenarbeit

Finanzierungsratgeber Rückkehrendenarbeit

Stand: August 2018