Der BDKJ-Diözesanvorstand im Bistum Aachen ist entsetzt, dass die neue Bundesregierung sich in aller Öffentlichkeit gegen menschenrechtliche Standards in Handelsfragen ausspricht. Anlass sind Äußerungen von Vertretern der FDP-Bundestagsfraktion, aber auch der CSU und CDU zum neuen Handelsvertrag, der zwischen der EU-Kommission und der kolumbianischen Regierung vereinbart wurde. So äußerte die FDP-Fraktion, Handelsabkommen seien „nicht der richtige Ort, Menschenrechte zu thematisieren“.
Noch im Februar forderten hingegen die Fraktionen von CDU/CSU und FDP die Bundesregierung auf, sie müsse „weiterhin konsequent in allen Politikbereichen für die Menschenrechte eintreten“. Keine zwei Wochen später gehören Handelsfragen nicht mehr zu diesen Politikbereichen. „Das verhöhnt all diejenigen, die in Kolumbien ihr Leben ließen, weil sie sich für Menschrechte und Arbeitsrechtstandards einsetzen,“ so der BDKJ-Diözesanvorsitzende Oliver Bühl.
Kolumbien ist seit fünfzig Jahren das Partnerland des Bistums Aachen, und die katholischen Jugendverbände setzen sich seit Jahrzehnten für die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Kolumbien ein. „Die Gewaltsituation hat sich in den letzten Jahren zwar etwas entschärft, aber die Lage der großen Mehrheit der Bevölkerung ist nach wie vor schlecht,“ fasst Oliver Bühl die aktuelle Situation zusammen. Er beklagt, dass insbesondere jene zivilgesellschaftlichen Gruppen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, brutal verfolgt und in einigen Fällen sogar vom Staat diffamiert werden. So sind in keinem Land der Erde in den letzten Jahren so viele Gewerkschafter ermordet worden wie im ressourcenreichen Kolumbien. Die Regierung von Präsident Alvaro Uribe ist nicht nur unfähig und in Teilen auch unwillig, diese Kapitalverbrechen konsequent zu verfolgen, sondern sie verhöhnt die Opfer und Angehörigen, indem sie ihnen eine Nähe zur linken Guerilla nachsagt.
Der Kongress der USA sowie Kanada haben aus diesen Gründen die Verhandlungen über Handelsabkommen eingefroren. Das Abkommen, das die Europäische Kommission kürzlich ausgehandelt hat, muss noch von den EU-Staats- und Regierungschefs und vom Europäischen Parlament genehmigt werden.
„Ich hoffe, dass das Europaparlament gegen das Handelsabkommen stimmt, solange die kolumbianischen Offiziellen sich nicht unmissverständlich zur Verwirklichung der Menschenrechte in Kolumbien verpflichten, und den Worten nicht auch Taten folgen,“ so Oliver Bühl, der zugleich Vorstandsmitglied des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Aachen ist. „In keinem Land der Erde gibt es so viele Inlandsflüchtlinge wie in Kolumbien, und das trifft, wie in den meisten Konflikten, vor allem arme Familien mit Kindern und Jugendlichen. Dass die Regierungsfraktionen hier auf rücksichtslosen Freihandel zum Nachteil der kleinen Leute setzen, finden wir entsetzlich. Es spiegelt aber auch einen Wechsel in der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik wieder – freier Handel und Marktliberalismus um jeden Preis.“