Das Heidelberger Sinus-Institut hat im Auftrag von BDKJ und MISEREOR Le-benswelten junger Menschen mit dem Modell der Sinus-Milieus beleuchtet. Die heute vorgestellte Untersuchung gibt differenzierte Einblicke in die Lebensstile junger Menschen, über ihre Wertvorstellungen, Sehnsüchte, Zukunftsentwürfe, Einstellungen zu Gemeinschaft und Engagement. Erstmals zeigen die Sinus-Milieus die Haltung junger Menschen gegenüber Religion und Kirche. Für die qualitative Pilot-Studie hat das Institut 132 junge Menschen in drei Altersgrup-pen untersucht: Jugendliche (14 bis 19 Jahre), junge Erwachsene (20 bis 27 Jahre) und erstmals auch Kinder (9 bis 13 Jahre).
Jugend ist nicht gleich Jugend
Sinus unterscheidet dabei sieben Milieus: Traditionelle, Bürgerliche, Konsum-Materialisten, Postmaterielle, Hedonisten, Moderne Performer und Experimen-talisten. Dabei ticken Jugendliche in den Milieus, was Lebensstil, Geschmack, Musikvorlieben, Medien-Nutzung, Zukunftsvorstellungen und Sehn-süchten angeht, sehr unterschiedlich.
Während die traditionellen Milieus auf Bewährtes setzen (Das war bei uns schon immer so), ist in Milieus mit Neuorientierung alles offen und möglich, probieren junge Menschen immer wieder Neues aus und kombinieren mit Be-stehendem. Im hedonistischen Milieu leben Jugendliche im Hier und Jetzt, ohne Zukunftspläne, aber mit Selbsterfahrung stiftenden Kicks (z.B Musik).
Klare Abgrenzungslinien zwischen Milieus
Überraschend ist, dass es in der soziokulturellen Landschaft zwischen be-stimmten Milieus klare Abgrenzungslinien gibt. So entwickeln nahezu alle Mi-lieus eine Distanz gegenüber dem Konsum-Materialisten-Milieu. Die Realität ist in der Regel eine selbstverordnete und selbstbewusste Kontaktsperre, heißt es in der Studie. Die hedonistischen und mehr noch die konsum-materialistischen Jugendlichen sind gesellschaftlich wenig akzeptiert, oft sogar abgehängt.
Gemeinschaft übers Internet
Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den Milieus. So erleben junge Menschen Gemeinschaft heute primär übers Internet. Die digitale Kommuni-kation ist eine primäre Form von Sozialität und damit von Zusammenleben. Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene in zukunftsorientierten Milieus sind Mobilität, Flexibilität sowie soziale und virtuelle Vernetzung entscheidend (z.B. die Internetforen SchülerVZ und StudiVZ ). Gleichzeitig gibt es aber auch Gegenströmungen zum Internet-Hype: Den Prozess der Entschleunigung. Wo das Internet dominiert, wird Papier wieder interessanter, was der Erfolg post-moderner Magazine belegt.
Ästhetik, das Streben nach dem Schönen, spielt in allen Milieus eine entschei-dende Rolle: Schönheit ist alles, das Outfit entscheidet. Übergreifend erkenn-bar ist auch eine ausgeprägte pragmatische, zielgerichtete Lebens-Perspektive.
Spiritualität ja, Kirche nicht unbedingt.
Die Sinus-Jugend-Studie zeigt, dass das Gros junger Menschen nach dem Richtigen und Wahren sucht. Spiritualität ist demnach bei jungen Menschen angesagt. Die katholische Kirche und deren Organisationen erreichen mit ihrer Jugend(verbands)arbeit in Bezug auf Bekanntheit, Attraktivität, Engagement mehr als ein Drittel der jungen Milieus, hier vor allem die Traditionellen, die Bürgerlichen und die Post-Materiellen. In diesen Milieus leben etwa ein Viertel aller jungen Menschen. Bei den von Sinus diagnostizierten zukünftigen Leitmi-lieus, den Performern und Experimentalisten, haben die katholischen Verbän-de und Kirche insgesamt nur sporadischen oder überhaupt keinen Kontakt. Zu diesen beiden Milieus gehören etwa 39 Prozent aller Jugendlichen.
Das erklärt die Studie unter anderem so: Der Pragmatismus, die Technologie- und Medienaffinität und das insgesamt lustvolle wie verantwortungsbewusste Leben dieser Jugendlichen stellen Erwartungen an Kirche, die sie aus jugend-licher Sicht derzeit nicht erfüllt. Man finde in katholischen Jugendverbänden zwar Gemeinschaft und könne sich in Projekten engagieren aber Sozialität findet man als Jugendlicher auch in anderen Sozialformen oder Organisatio-nen. Dazu kommt, dass die meisten keine Vorstellung davon haben, was für sie Vorteile und Nutzen einer katholischen Jugendarbeit sein könnten.
Katholische Jugendarbeit ist immer im Wandel. Deshalb stellen wir uns den Herausforderungen gerne. Mit den Ergebnissen haben wir ein gutes Analyse-Instrument, um zu schauen, wie wir in Zukunft auf weitere Milieus zugehen können. Damit setzen wir auch Impulse für die gesamte katholische Kirche in Deutschland, kommentiert der BDKJ-Bundesvorsitzende Dirk Tänzler.
Organisationen mit internationaler Vernetzung rufen bei jungen Menschen starkes Interesse und Neugier hervor. Deshalb sieht MISEREOR die Chance, mit einer für Jugendliche ansprechenden Kommunikation jungen Menschen die internationale Projektarbeit näher zu bringen. Neben der Möglichkeit per-sönlicher Begegnung zwischen Menschen aus Nord und Süd können wir jun-gen Menschen so vermitteln, dass sie gleichzeitig für sich selbst Kompetenzen, und Erfahrungen sammeln werden , so MISEREOR-Geschäftsführer Thomas Antkowiak.
Grundlage der Sinus-Methode sind die so genannten Lebenswelten. Nur wer die Interessen und Denkweisen dieser Milieus kenne, könne seine Zugänge auf die jeweilige Zielgruppe zuschneiden, so die Grundthese der seit 25 Jahren angewandten Forschungsmethode. Die Ergebnisse stellen BDKJ und MISE-REOR im April bei fünf Fachtagen in ganz Deutschland vor. Die Studie ist unter dem Titel Wie ticken Jugendliche erschienen.
Die Studie ist für 45 Euro beim Verlag Haus Altenberg erhältlich: bestellung[at]jugendhaus-duesseldorf.de, Telefon: 0211 / 4693 -128/129 www.jugendhaus-duesseldorf.de
Der BDKJ ist Dachverband von 15 katholischen Kinder- und Jugendverbänden mit rund 650.000 Mitgliedern. Er vertritt ihre politischen, sozialen und kirchlichen Interessen.
MISEREOR ist das Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland für die partner-schaftliche Entwicklungszusammenarbeit in Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien.
Pressekontakt: Michael Kreuzfelder, mobil: 0178 7956099, Michael Mondry (MISEREOR), Telefon 0241/442-528, Anna Steinacher (MISEREOR) Tel: 0241/442-133
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