Zukunftszeit - Newsletter #3

Liebe Engagierte in der katholischen Jugend(verbands)arbeit,

Stand heute sind 8.620 Stunden gesammelt, also ein Viertel der 35.000 Stunden, die wir bis zur Bundestagswahl in diesem Herbst sammeln wollen. Wahnsinn, wie schnell das doch geht! Gleichzeitig liegt noch viel vor uns… und wir freuen uns auf den Sommer, wenn die Aktionsmöglichkeiten wieder vielfältiger werden. Wir sind gespannt, welche bunten, diversen, kreativen und lauten Aktionen ihr im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 beisteuern werdet. Tragt jede Aktion ein, denn jede Stunde zählt!

In diesem Newsletter findet ihr ein Interview zu Hate Speech, einen kleinen Einblick in Aktionen mit denen Zukunftszeit gesammelt wurde sowie einen Aufruf, euch am Schreiben des neuen Aktionssongs zu beteiligen. Checkt dazu in der Aktionswoche vom 1.-6. Juni unsere Instagram-Profile aus und schreibt in die Kommentare, was in den Strophen des Zukunftszeitsongs besungen werden soll. Cris Cosmo macht sich dann direkt an die Umsetzung eurer Vorschläge!

Viel Spaß beim Lesen!

Eure Constanze

An alle Zukunftszeitreisenden! - We are happy to announce:

Wir machen ein Remake des Zukunftszeit-Hits „Die Andern“ von und mit Cris Cosmo! An den neuen Strophen wollen wir mit euch und Cris gemeinsam arbeiten und einen neuen Text für „Die Andern“ schreiben. Cris wird dann aus all euren Ideen die neuen Lyrics basteln!

Eure Inputs sind gefragt: Welche Themen, Wörter oder Zeilen sollen Eurer Meinung nach rein in den Text?

Auf Instagram findet ihr dazu Kacheln und Storys zum Teilen, ihr könnt eure Vorschläge in die Kommentare schreiben, per DM an uns senden oder ganz klassisch per E-Mail an zukunftszeit@bdkj.de.

Wir freuen uns auf euren Input!

PS: In Planung ist auch, den Song gemeinsam im Chor zu singen und das Video gemeinsam mit euch zu gestalten

Wie wurde im Mai Zukunftszeit gesammelt?

Hauptversammlung 2021

Auch bei der BDKJ-Hauptversammlung im Mai 2021 wurde beim Studienteil Zukunftszeit gesammelt: und zwar 263 Stunden! Die Teilnehmer*innen beschäftigten sich mit Alltagssexismus. Christoph May vom Institut für Kritische Männerforschung gestaltete mit seinem Vortrag zu „Was ist Alltagssexismus eigentlich?“ den Einstieg in die Thematik. Im Anschluss gab es die Möglichkeit an vier verschiedenen Workshops teilzunehmen: Fluky a.k.a. Kartoffel mit Herz (Politische Bildner*in) beschäftigte sich mit Sexismus als Thema in der Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen, Martin Speer (Autor und Aktivist) zeigte auf, wie man auch als Mann ein guter Ally gegen Sexismus sein kann, Christiane Fuchs-Pellmann (Geschäftsführerin des KDFB) diskutierte die Frage, welche Strategien wir in der Kirche gegen Sexismus entwickeln können und Nicole Diekmann, Autorin und Journalistin, gab einen Einblick, wie man Hasskriminalität online begegnen kann.

Privilegien Galerie: Was sind Privilegien und wer hat welche in unserer Gesellschaft?

Wir sind eine Wohngruppe der stationären Jugendhilfe mit 8 Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren. Ich, eine Betreuerin, bin Mitglied  bei den J-GCL. Wir alle haben unterschiedliche gesellschaftliche Positionierungen und erfahren verschiedene Arten von Diskriminierung: Sexismus, Rassismus, Bodyshaming, Klassismus, Homofeindlichkeit und vieles mehr. Kinder und Jugendliche in Heimen werden auch oft für ihre Lebenssituation diskriminiert: Lehrer*innen könnten beispielsweise denken, dass sie aggressiver, weniger klug oder kompromissbereit sind, dass sich niemand um sie kümmert, Mitschüler*innen sagen gemeine Dinge über Eltern oder sprechen emotionale Verbindungen zu Betreuer*innen und Mitbewohner*innen ab. Das alles finden wir ganz schön blöd und deswegen beschäftigen wir uns damit, wie diese Unterdrückungsformen entstehen, wie sie aussehen und sich anfühlen können und was wir dagegen tun können - als Betroffene, wie wir uns wehren und empowern können und auch als Nicht-Betroffene, die gute Allys oder auch Täter*innen sein können und letzteres vermeiden möchten. Wir alle wollen uns gegenseitig und selbst beibringen, diskriminierungsfreier zu handeln. Dabei nutzen wir Methoden und Materialien aus der Jugendverbandsarbeit, weil ich eben gute Zugänge dazu habe. Die Themen suchen sich die Jugendlichen aus, ich bereite dann etwas vor. Meist geschieht das im Rahmen des Gruppenabends, ein Abend, der alle zwei Wochen stattfindet und an dem alle teilnehmen und ihre Themen einbringen. Wir wünschen uns, dass auch Politiker*innen sich Zeit nehmen, Diskriminierung und Vorurteile aktiv zu verlernen und sich mit den Lebensrealitäten anderer Menschen in Deutschland und der Welt auseinander zu setzen und deswegen haben wir die Zeit, die wir investiert haben, bei der Zukunftszeit eingereicht. Liebe Politiker*innen: jetzt seid ihr dran! (von Rebecca Wagner)

Auseinandersetzung mit Themen, die für die nächste Legislaturperiode anstehen (sollten)

Im Rahmen der gemeinsamen Jahreskonferenz der Jugendverbände der Gemeinschaft Christlichen Lebens (J-GCL) führten wir einen Morgenimpuls mit Bezug zur Aktion Zukunftszeit des BDKJ durch. Eingeleitet durch das Lied „Dear Mr. President“ von Pink, in dem die Sängerin Fragen an den damaligen US-Präsident George W. Bush stellt, konnten sich die Teilnehmer*innen mit der Frage auseinandersetzen, welche Themen sie in der nächsten Legislaturperiode auf der politischen Agenda sehen. In zwei Gruppen wurden diese Themen auf einem Flinga-Board gesammelt und es kam ein bunter Strauß an Themen zusammen, der zeigt, für was für ein Land wir als Jugendverband uns einsetzen wollen.  Mit einer Ermutigung, trotz der Vielzahl an Themen den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern sich mutig und laut zu engagieren, endete eine erste gemeinsame Auseinandersetzung mit der Frage nach Themen für die politische Agenda der nächsten Legislaturperiode. (von Anna Lena Salomon)

Blick über den Tellerrand: Veranstaltungstipps inner- und außerhalb der katholischen Bubble

Zeugen der Flucht - Miteinander statt übereinander reden

Durch den Verein „Zeugen der Flucht“ kommen junge geflüchtete Menschen mit Schüler*innen in Kontakt. Während die meisten Klassenzimmer weiterhin geschlossen bleiben, geht der Verein neue Wege: Ab sofort findet „Austausch auf Augenhöhe“ auch online statt. Die Ehrenamtlichen von Zeugen der Flucht e.V. wirken bei der Aktion Zukunftszeit mit und freuen sich über Anfragen weiterer BDKJ-Gruppen.

Denn dank dem Online-Unterricht können nun auch interessierte Gruppen außerhalb der Standorte profitieren – unabhängig vom Anfahrtsweg.

Über den Verein: Zeugen der Flucht e.V. ist eine antirassistische Bildungsinitiative und wurde 2016 in Freiburg gegründet. Weitere Standorte sind in Dresden und Jena. Der gemeinnützige Verein steht für ehrenamtliches Engagement, eine junge offene Gesellschaft und das Motto „miteinander statt übereinander reden“. Die Zielgruppen sind junge Menschen in Bildungseinrichtungen – vor allem in Schulklassen. Sie treffen auf junge geflüchtete Menschen als Zeitzeug*innen. Ein Austausch auf Augenhöhe entsteht.

Weitere Informationen findet ihr unter https://zeugenderflucht.com/.

Grenzerfahrungen: Wie Europa gegen Schutzsuchende aufrüstet

Der Förderverein PRO ASYL e.V. hat gemeinsam mit Pax Christi und der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden eine neue Plakat-Ausstellung entwickelt. Sie zeigt auf 16 Einzelplakaten, wie in der Politik der Europäischen Union die Externalisierung von Flüchtlingen, die Abschottung der Außengrenzen sowie die militärischen und geopolitischen Interessen ineinandergreifen. Verhängnisvoll ist dies vor allem für schutzsuchende Menschen, die mit ihrem Recht auf Asyl an einer restriktiven Politik scheitern. Vor 70 Jahren trat die Genfer Flüchtlingskonvention in Kraft – aktuell ist es höchste Zeit, die universelle Gültigkeit der Flüchtlings- und Menschenrechte gemeinsam zu verteidigen. 

Die Ausstellung »Grenzerfahrungen« gibt ein Bild davon, wie weit sich die EU bei der Flüchtlingsabwehr mittlerweile von ihren eigenen menschenrechtlichen Grundsätzen entfernt hat. Die Zusammenarbeit mit Diktaturen und autokratischen Regimes zur Migrationssteuerung, die Militarisierung der Außengrenzen mittels enormer Investitionen in Überwachungs- und Befestigungssysteme, Elendslager wie der berüchtigte Hotspot Moria auf Lesbos, Planungen zur massenhaften Inhaftierung Asylsuchender – all dies ist europäische Realpolitik.

Jedoch: Ein Europa, das den Schwächsten ihre Rechte nimmt, das sie illegal und gewalttätig zurückschiebt und das kriegführende Staaten mit Waffen versorgt, kann nicht Teil der Lösung sein, sondern ist selbst Teil des Problems. Aber es geht bei dieser Frage nicht nur um Flüchtlingsrechte. Es geht auch darum, welche Gesellschaft wir überhaupt wollen – für uns und für andere. Soll es eine Gesellschaft sein, die auf Ausgrenzung, Abschottung und autoritäre Strukturen setzt – oder soll es eine weltoffene, demokratische und humane Gesellschaft sein?

Weiterführende Links: Ausstellung bestellen, Begleitmaterial, Homepage

Online-Fortbildung „Alltagshelden-Workshop“

Ungerechtigkeit begegnet uns jeden Tag und sie hat viele verschiedene Gesichter. Um sie zu erkennen und ihr entgegenzutreten, haben wir in einem Workshop alles zusammengefasst, was es braucht, damit aus DIR ein Alltagsheld wird.

Hier geht‘s um Themen wie Diskriminierung, Zivilcourage & Mobbing. Möchtest du den Blick für dein Umfeld und die Menschen darin erweitern und herausfinden wie gut es tun kann, Gutes zu tun? Dann komm vorbei und finde es heraus!

  • Anmeldeschluss bis Montag, 14. Juni 2021
  • Start: 15. Juni von 18:30 -21.30 Uhr
  • Zoom - Meeting - max. 20 TN
  • 17-27 Jahren
  • Angebot ist kostenlos, Anmeldung hier.

#WhatTheHope - Christliche Narrative als Alternativen zu Hass im Netz

In den sozialen Medien müssen wir beobachten, dass auch im Namen des christlichen Glaubens #HateSpeech in Form von diskriminierenden und menschenverachtenden Erzählungen und Bildern verbreitet werden. Solche Aussagen werden durch Slogans und Memes transportiert und festigen menschenfeindliche Narrative und Verschwörungsmythen.

Nach einem Einblick in Ergebnisse aktueller Erscheinungsformen diskriminierender Narrative und Einstellungen im kirchlichen und christlichen Kontext - wie Antisemitismus und Rassismus - wollen wir gemeinsam hoffnungsorientierte Gegenerzählungen entwickeln.

Um zu diesen alternativen christlichen Narrativen zu gelangen, die dem Hass standhalten, sammeln wir zunächst gemeinsam theologische Impulse für #HopeSpeech. In einem zweiten Schritt wollen wir die alternativen Erzählungen in digitale Prototypen für die Verwendung und Verbreitung in den sozialen Medien übersetzen und bildlich reduzieren. Für den Transfer in die Praxis übertragen wir die entwickelten Narrative in „Sticker" für Instagram und andere Messenger. Bei dem Seminar erhaltet ihr einen Einblick in die digitale Technik der Entwicklung von „Stickern" und gleichzeitig Impulse, wie ihr diese Techniken auch in eurer eigenen Arbeit, zum Beispiel im Bereich der Medienpädagogik oder Öffentlichkeitsarbeit, einsetzen könnt.

#WhatTheHope ist ein partizipativ ausgerichtetes Seminar mit Werkstattcharakter, das von aktiven Teilnehmenden lebt. Durch Elemente der Methode des „Design Thinkings" können Teilnehmende unterschiedlichen Alters und beruflichen Kontextes ihre Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen.  

Wann: Mo, 7. Juni, 13:00 – 20:00 Uhr & Di, 8. Juni, 9:00 - 13:00 Uhr

Anmeldung und Programm gibt’s hier.

Kontakt: diskurslab@eaberlin.de

Junge Geflüchtete: Ein Buch, ein Film…

Wer mit Geflüchteten zu tun hat - sei es beruflich oder ehrenamtlich - wird sicherlich eine Erfahrung teilen: das gelegentliche Stolpern über kulturelle Unterschiedlichkeiten.

Darüber hat die Autorin Brigitte Heidebrecht, selbst seit 2015 in der Flüchtlingshilfe aktiv, ein Buch geschrieben. Sie ist ehrenamtliche Patin mehrerer junger Afghanen, die zum Teil noch minderjährig aus dem ländlichen Afghanistan nach Deutschland kamen. Auf 234 Seiten vermittelt sie in kurzen, prägnanten Geschichten detaillierte und verblüffende Einblicke in das, was Flüchtlingshelfer*innen, Sozialarbeiter*innen, Deutschunterrichtende, Arbeitgeber und andere beim Umgang mit jungen Geflüchteten bisweilen ratlos macht.

Mit Empathie und Humor beleuchtet die Autorin das langsame Ankommen "ihrer Jungs" in unserer Gesellschaft - und ihren eigenen Lernprozess, was interkulturelles Verstehen angeht. Entstanden sind Texte, die unter die Haut gehen, Selbstverständliches in Frage stellen, Existenzielles ins Licht rücken - globale Herausforderung, gespiegelt im Alltäglichen. Konkret und lebendig vermittelt das Buch interkulturelle Aha-Erlebnisse. Ein vielschichtiger Beitrag zu der Frage: Wie schaffen wir das?

Brigitte Heidebrecht
Fernreise daheim
Von Flüchtlingen, Kulturen, Identitäten und anderen Ungereimtheiten

> Mehr zum Buch

Und unser Filmtipp:

Junge männliche Geflüchtete aus muslimischen Ländern sind diejenigen, denen in Europa die meiste Skepsis entgegenschlägt. Der 45-minütige Film von Niklas Schenck und Ronja Wurmb-Seibel will, wie unser Buch, für diese Menschen eine Lanze brechen. "Wir sind jetzt hier" - ein unaufgeregter, authentischer und sehr berührender Film. Die Filmer*innen freuen sich über Einladungen zu Online-Veranstaltungen mit anschließendem Gespräch.

> zum Trailer
> Mehr Infos und Kontakt

Zukunftszeit: Eure Aktion – Euer Material!

Damit ihr eure Aktionen gut planen und bewerben könnt, seid ihr herzlich eingeladen das von der Agentur FIJA erstellte Material zu verwenden. In der Materialsammlung sowie bei GIPHY findet ihr inzwischen verschiedene GIFs, die ihr frei verwenden könnt. Außerdem könnt ihr den neuen Zukunftszeit-Filter „Gemeinsam für…“ auf Facebook und Instagram nutzen!

Hier geht es zu den Aktionsmaterialien.

Habt ihr weitere Bedarfe? Meldet euch gern bei uns: zukunftszeit@bdkj.de.

Hass im Netz – Wir sprachen mit Teresa Sündermann von der Amadeu Antonio Stiftung

Teresa Sündermann ist Bildungsreferentin im Projekt Civic.net – Aktiv gegen Hass im Netz der Amadeu Antonio Stiftung.

Warum ist Hate Speech problematisch?

Auf Twitter schrieb die Klimaaktivistin Greta Thunberg über die Menschenverachtung, die ihr täglich entgegenschlägt: „Wie ihr vielleicht bemerkt habt, sind die Hater*innen so aktiv wie eh und je – sie greifen mich, mein Aussehen, meine Kleidung, mein Verhalten und meine Besonderheit an.“ Hate Speech also hasserfüllte, diskriminierende und gewalttätige Sprache, hat nichts mit Kritik zu tun. Personen, die auf diese Weise öffentlich angegriffen werden, stehen für etwas. In Gretas Fall werden ihr junges Alter, die Tatsache, dass sie eine Frau ist und ihr Aspergersyndrom instrumentalisiert, anstatt sich konstruktiv mit ihren politischen Ansichten auseinander zu setzen.

Das führt dazu, dass Personen, die sich öffentlich, zum Beispiel in Sozialen Netzwerken, kritisch und kontrovers positionieren, häufig schon vor dem Abschicken des Posts darüber nachdenken, welche Reaktionen der Post hervorrufen kann. Das ist eine Form der Selbstzensur und zeigt, dass Hater*innen andere Stimmen aus dem öffentlichen Diskurs drängen wollen. Hate Speech schränkt die Meinungsfreiheit massiv ein, besonders, wenn sich Menschen oder ganze Gruppen aus Angst vor Anfeindungen aus Diskussionen zurückziehen – dann fehlt ihre Perspektive nämlich fortan.

Wenn wir nicht entschieden gegen Hate Speech im Netz kämpfen, werden bestimmte Perspektiven aus dem Meinungsraum Internet gedrängt. Eine plurale Gesellschaft lebt aber von möglichst vielen Perspektiven.

Wie unterscheidet sich Hate Speech von Beleidigungen?

Hate Speech meint die verbalisierte Form von Diskriminierung, also einer Ungleichbehandlung. Beleidigungen werden häufig spontan ausgesprochen oder geschrieben. Aber: Beleidigungen gehen sehr oft mit Abwertungen einher, die sich auf die tatsächliche oder zugeschriebene Gruppenzugehörigkeit einer Person beziehen. Frauen werden beispielsweise sehr oft sexistisch als „Schlampe!“ o.Ä. beleidigt. In erster Linie ist es eine Beleidigung, aber gleichzeitig handelt es sich hierbei auch um sexistische Hate Seech. Ein anderes Beispiel wäre, wenn ich jemanden als „Arschloch!“ bezeichne. Das ist zwar auch nicht nett, diskriminiert die Person aber nicht, weil sie eine Frau, ein homosexueller Mann oder eine migrantische Person ist.

Was kann ich nun konkret tun, wenn ich online Hate Speech sehe oder selbst davon betroffen bin?

Zuerst sollte ich mich fragen, ob der Post strafrechtlich relevant sein könnte: Wenn ich mir ganz sicher bin, weil darin z.B. der Holocaust geleugnet oder verfassungsfeindliche Symbole gezeigt werden, sollte ich eine Anzeige bei der Polizei stellen. Dies geht ganz einfach über die Online-Wachen der jeweiligen Bundesländer. Wichtig dafür ist es, Beweise zu sichern – also einen Screenshot mit allen relevanten Daten anzufertigen: Dazu gehören die URL des Posts (Quelle), das Datum der Veröffentlichung, der Name des Absenders*der Absenderin (User*in) sowie der Kontext des Posts (Was ist der Ausgangspost? Worauf nimmt dieser Post Bezug?). Als Grundregel gilt: Alles, was offline strafbar ist, ist auch online strafbar. Und auch das Liken solcher Posts kann strafbar sein.

Wenn ich mir unsicher bin, ob ein Post strafrechtliche Relevanz hat, kann ich mich an sog. Meldestellen wenden (z.B. Hass Melden oder die App Melde Helden von Hate Aid). Diese überprüfen in Zusammenarbeit mit Jurist*innen den entsprechenden Inhalt und leiten mögliche strafbare Inhalte an die Strafverfolgungsbehörden weiter.

Darüber hinaus sollte ich den Post beim Netzwerk melden, da er höchst wahrscheinlich auch gegen die Communitystandarts von Twitter, Facebook und Co. verstößt. Laut dem NetzDG müssen Plattformen ab 2 Mio. User*innen „offensichtlich rechtswidrige Inhalte" innerhalb von 24 Stunden nach eingehender Meldung entfernen; für „nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte“ haben sie sieben Tage Zeit. So vermeide ich, dass menschenfeindliche, hasserfüllte Beiträge nicht für alle sichtbar stehen bleiben – besonders für potenziell Betroffene ist das enorm wichtig. Je mehr problematische Beiträge bei den Netzwerken gemeldet werden, desto größer wird der gesellschaftliche Druck auf Plattformen und die Politik, konsequent gegen Hass und Diskriminierung online vorzugehen.

Jedoch ist sehr viel Hass, den wir online sehen, nicht strafbar. Wenn ich eine eigene Social Media-Seite betreue, kann ich dort mithilfe einer Netiquette (Kommunikationsregeln) festlegen, was ich auf meiner Seite (nicht) sehen und lesen möchte. Die Netiquette hilft mir, online ein virtuelles Hausrecht durchzusetzen, zum Beispiel im Fall von rassistische Äußerungen, dem Verbreiten von Verschwörungserzählungen oder dem Teilen rechtsextremer Quellen. Auf meiner eigenen Seite kann ich zudem problematische Beiträge einfach löschen oder verbergen.

Wenn ich Hate Speech in Kommentarspalten entdecke, die nicht gegen die jeweilige Netiquette verstößt, ist Gegenrede das geeignete Instrument. Positionieren, Kontern und Abwehren: Grenzen aufzeigen, Menschenfeindlichkeit benennen, deeskalieren und nachfragen, wie etwas gemeint ist, auf Kritik sachlich reagieren, wenn nötig, Quellen einfordern und Fakten checken. Positionieren gegen Menschenfeindlichkeit geht zum Beispiel so: „Dieser Aussage will ich entschieden widersprechen, sie ist in meinen Augen menschenfeindlich. Sehen das hier noch andere genauso?" Besonders wichtig ist es, die stillen Mitlesenden anzusprechen – suche dir Verbündete und solidarisiere dich mit Betroffenen!

Wenn du selbst betroffen bist und es dir zu viel wird, gib Ballast ab! Lass vertraute Menschen die Hass-Kommentare sichten, melden usw. Geh offline und nimm Abstand! Mach dir bewusst, dass der Hass sich aus Projektionen speist; mit dir als Individuum hat das nichts zu tun. Such dir wenn nötig professionelle Unterstützung. Das können Psycholog*innen sein, Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer, antisemitischer Gewalt oder die Organisation Hate Aid.

Darauf möchte ich noch hinweisen:

  • Kontern gegen Hate Speech geht auch mit Memes! Schaut doch mal beim No Hate Speech Movement vorbei!
  • Wenn ihr selbst aktiv im Netz gegen Hate Speech aktiv werden wollt, empfehle ich die FB-Gruppe #ichbinhier – die zum gleichnamigen Verein gehört.
  • Mehr Infos zum Thema findet ihr auf der Seite der Amadeu Antonio Stiftung – insbesondere empfehlen wir:
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