Europa

(vgl. Kapitel 6 des Koalitionsvertrags) 

Zusammenfassung

Die Große Koalition bezeichnet die europäische Einigung als die „die wichtigste Aufgabe Deutschlands“. Sie will mehr Europa mit stärkeren europäischen Institutionen. Auf der anderen Seite will sie ein stärkeres Subsidiaritätsprinzip: Die EU soll nur dort tätig werden, wo dies untere Ebenen (Mitgliedsstaaten, die Bundesländer oder die Kommunen) nicht besser selbst regeln könnten.

Der Großen Koalition ist es wichtig, dass die Entscheidungen der EU nachvollziehbarer sind. Indem das Europäische Parlament eine starke Stellung bekommt, soll die demokratische Legitimation gestärkt werden. Als ersten Schritt nennt die Große Koalition ein einheitliches europäisches Wahlrecht. Weiter findet sie die europäische Zivilgesellschaft sei eine wichtige „Voraussetzung für eine lebendige europäische Demokratie“. Als erstes inhaltliches Politikfeld nennt sie hier die Jugendpolitik. Als Beispiele zählt sie Europaschulen, Jugendwerke und eine erhöhte Jugendmobilität auf.

Das wichtigste Wort in den folgenden Kapiteln heißt Wettbewerbsfähigkeit. Damit die europäische Wirtschaft aus der Krise herauskommt setzt die Große Koalition auf drei Dinge:

Strukturreformen: Die Euro-Staaten sollen ihre Wirtschaftspolitik besser aufeinander abstimmen und ihre Staatshaushalte überwachen lassen. Sie sollen dazu gewisse Regeln einhalten, den Stabilitäts- und Wachstumspakt.

Haushaltskonsolidierung: Die EU-Staaten müssen weiterhin strikt sparen und ihre Einnahmen erhöhen, damit die Staatsverschuldung sinkt.

Investitionen: Damit die Wirtschaft wächst, müssen alle Staaten mehr Geld ausgeben etwa für Infrastruktur, Erneuerbare Energien, digitale Medien, Bildung sowie Forschung und Entwicklung und gute Ausbildungssysteme.

Die neue Bundesregierung findet die Arbeitslosigkeit in der EU viel zu hoch, ganz besonders bei jungen Menschen. Die Große Koalition will deshalb die Europäische Jugendgarantie umsetzen, d.h. jedem jungen Menschen nach der Ausbildung einen Job, eine weitere Ausbildung oder ein Praktikum zuzusichern. Die Große Koalition sieht das deutsche System der dualen Ausbildung, also der Kombination aus Arbeit im Betrieb und lernen in der Berufsschule, als Erfolgsmodell. Sie will anderen Mitgliedsstaaten dabei helfen, dies ebenfalls einzuführen und das Programm „Erasmus+“ dazu nutzen. Eine Lösung sieht sie darin, die Jugendlichen dorthin zu bringen, wo es Arbeit gibt. Sie nennt dies den gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt. Dazu soll die Vermittlung von Fremdsprachen wichtiger werden und Bildungsabschlüsse leichter in andere Länder übertragen werden. Sie lädt junge Menschen aus anderen Mitgliedstaaten dazu ein, ihre Berufsausbildung in Deutschland zu machen oder hier Arbeit zu suchen.

Bewertung

Der Großen Koalition ist Europa sehr wichtig. Aber man merkt, dass sie nicht genau weiß was sie will: Mehr Europa mit einem starkem Parlament, aber nicht zu viel Europa, damit die Staaten und Regionen ihnen wichtige Dinge nicht aus der Hand geben müssen sondern selbst regeln können.

Erstaunlich ist, dass der Großen Koalition die europäische Jugendpolitik wichtig ist und als erstes Thema nach dem grundsätzlichen Überlegungen genannt wird. Aber Jugendlichen dürfte auffallen, dass hier keine Rede von mehr Mitbestimmung oder Beteiligung von jungen Menschen ist. Sondern der Bundesregierung geht es vor allem um internationalen Jugendaustausch und gemeinsamer Begegnung.

Die Zukunft lacht, wenn Europa von jungen Menschen aus gedacht wird und diese mitgestalten und mitbestimmen, wie ihr Europa aussehen soll.

Die Länge und die Reihenfolge der nächsten Kapitel sagen einiges darüber aus, wo die Bundesregierung gerade den größten Handlungsbedarf sieht: Erst geht es um die Finanzmärkte, um die Wirtschaft und die Industrie und dann um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, hier besonders um Jugendliche. Die Bundesregierung bleibt bei ihrem harten Kurs, dass verschuldete Staaten sparen müssen. Hilfskredite soll es nur geben, wenn sie strenge Auflagen erfüllen und sich zu Reformen verpflichten. Auf der anderen Seite sollen sie zugleich mehr Geld ausgeben: für Infrastruktur, Bildung und gute Ausbildungssysteme. Gerade Jugendliche und die Schwächsten der Gesellschaft sind bei dieser Politik unter die Räder gekommen. Sogar bei guter Ausbildung sind junge Menschen oftmals die am schlechtesten gesicherten Teilnehmenden am Arbeitsmarkt.

Die Zukunft lacht, wenn junge Menschen unabhängig von ihrem Herkunftsland eine Chance auf dem europäischen Arbeitsmarkt bekommen.