Engagementpolitik

Bürgerschaftliches Engagement
(vgl. Kapitel 4.1 des Koalitionsvertrags)

Zusammenfassung

Der Koalitionsvertrag betont die Wichtigkeit des Engagements der Bürgerinnen und Bürger und macht deutlich, dass das Gemeinwesen auf die Zivilgesellschaft angewiesen ist und dadurch erst lebendig wird. Unter „zivilgesellschaftlich“ werden Aktivitäten und Initiativen verstanden, die nicht vom Staat ausgehen, sondern in vielfältigen Organisationen, Initiativen, Vereinen, Verbänden und Gruppen von den Bürgerinnen und Bürgern selbst gestaltet und durchgeführt werden. Der BDKJ mit seinen Diözesan- und Mitgliedsverbänden ist ein klassisches Beispiel für dieses zivilgesellschaftliche Engagement.

Die Voraussetzungen und die Anerkennung für dieses Engagement sollen verbessert und die Ideen und Impulse die davon ausgehen von der Regierungskoalition verstärkt aufgegriffen werden. Neben den bestehenden Wohlfahrtsverbänden möchte die Koalition auch neue Innovationen und Sozialunternehmen unterstützen und fördern.  

Bewertung

Grundsätzlich ist es sehr positiv, dass die Koalition dem Engagement und Ehrenamt einen so hohen Wert beimisst und diese auch fördern möchte. Offen bleibt jedoch, wie diese Förderung und Verbesserung konkret aussehen soll. Der im Koalitionsvertrag genannte Deutsche Engagementpreis ist zwar ein gut gemeinter Impuls.

Die Zukunft lacht für junge Ehrenamtliche aber insbesondere dann, wenn ihnen ermöglicht wird ihr ehrenamtliches Engagement konkret werden zu lassen, indem bessere Freistellungsmöglichkeiten im Berufsleben oder Verlängerungen der Laufzeiten des BAföG für ehrenamtliches Engagement auch außerhalb der Universität ermöglicht werden.

Die Zukunft lacht durch die Schaffung von verbindlichen Freiräumen, die zusehend durch die Ganztagsschule oder straffe Zeitpläne im Studium eingeschränkt werden. Eine länderübergreifende Regelung zur Berücksichtigung bürgerschaftlichen Engagements bei der Vergabe von Studienplätzen, wäre ebenfalls ein deutlicher Schritt in diese Richtung. Es wird weiterhin eine wichtige Rolle der Katholischen Jugendverbände bleiben, beharrlich darauf hinzuwirken, dass Engagement auch von staatlicher Seite die Förderung und den Freiraum bekommt, den es benötigt. Die wohlwollende Würdigung und Wertschätzung des Ehrenamtes seitens der Politik ist schön, konkrete Leistungen sind jedoch besser.

Der Koalitionsvertrag betont die hohe Bedeutung der Zivilgesellschaft, bezieht dies aber in erster Linie auf das Engagement für das Gemeinwesen. Der BDKJ fasst die Bedeutung wesentlich weiter. Im Beschluss „Jugend beteiligen“ der BDKJ Hauptversammlung 2011 wird deutlich, dass es darum geht, durch Ehrenamt und Engagement das Gemeinwesen und die Gesellschaft zu gestalten und politisch aktiv zu werden. Im Beschlusstext des BDKJ ist dort klar formuliert: „Ziel muss es sein, die Engagementpotentiale und den Gestaltungswillen der jungen Generation aufzugreifen und zu unterstützten und gesamtgesellschaftlich zu fördern."

 

Freiwilligendienste
(vgl. Kapitel 4.1 des Koalitionsvertrags)

Zusammenfassung

Die Freiwilligendienste werden als eine besondere Form des Bürgerschaftlichen Engagements benannt und sollen weiter in ihrer Vielfalt und hohen Qualität entwickelt werden. Dies soll laut Koalitionsvertrag in „zivilgesellschaftlicher Verantwortung“ geschehen. Ausgehend vom Erfolg der Freiwilligendienste betont die Koalition den generationsübergreifenden Aspekt der verschiedenen Dienste. Durch eine verstärkte Anerkennungskultur und der Möglichkeit sich auch formal weiter zu qualifizieren, sollen Menschen für bürgerschaftliches Engagement gewonnen und motiviert werden.

Für die Anerkennungskultur möchten die Regierungsparteien für alle Freiwilligendienste, zu denen sie auch den Freiwilligen Wehrdienst zählen, ein Gesamtkonzept entwickeln. Die Dienste, die deutsche Jugendliche im Ausland („Outgoing“) oder Jugendliche aus anderen Ländern in Deutschland („Incoming“) leisten, sollen noch besser an deren Bedarf ausgerichtet und beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gebündelt werden. Ganz konkret möchte die Koalition  alle Freiwilligendienste von der Umsatzsteuer befreien.

Bewertung

Die Zukunft lacht, wenn die Freiwilligendienste in hoher Qualität und Vielfalt als Bildungsdienste weiterentwickelt werden. Das ist ganz im Sinne der Jugendlichen, die in diesen Diensten aktiv sind. Jedoch hängt es auch hier davon ab, wie die konkreten Maßnahmen dazu aussehen sollen. Wenn es der Wunsch der künftigen Regierung ist, weiter eine hohe Qualität zu gewährleisten, ist auch eine entsprechende finanzielle Förderung der Freiwilligendienste notwendig. Beispielsweise stehen von den bis zu 200 € Förderung pro Teilnehmendenmonat für die pädagogische Begleitung im FSJ für die katholischen Träger durchschnittlich nur noch rund 100 € zur Verfügung. Eine weitere Reduzierung dieser Mittel kann im Grunde nur noch mit einer höheren Belastung der Einsatzstellen oder einer Minderung der Qualität einhergehen. 

Die Zukunft lacht, wenn die Vielfalt und Qualität der Freiwilligendienste, wie im Koalitionsvertrag erwähnt in „zivilgesellschaftlicher Verantwortung“ ausgebaut werden sollen. Während dies für die traditionellen Freiwilligendienste FSJ und FÖJ, den Internationalen Jugendfreiwilligendienst sowie den Entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ schon immer gegolten hat, ist es im Bundesfreiwilligendienst nur sehr eingeschränkt der Fall. Hier sind nicht die zivilgesellschaftlichen Akteure (Verbände und Organisationen) die Träger, sondern der Staat. Wie der Name Bundesfreiwilligendienst schon deutlich macht, verantwortet, leitet und steuert der Bund maßgeblich dieses Angebot selbst. Die Verbände haben hier eine eher dienstleistende Rolle, was die Organisation, die Bildungsarbeit und die pädagogische Begleitung betrifft. Und auch hier gibt der Bund noch vor, dass das „Seminar zur politischen Bildung“ nicht von den zivilgesellschaftlichen Trägern durchgeführt werden darf, sondern in den Bildungszentren des Bundes (ehemalige Zivildienstschulen) stattfinden muss.

Die Zukunft lacht, wenn Freiwilligendienste grundsätzlich vorrangig in zivilgesellschaftlicher Trägerschaft verantwortet werden. In der politischen Debatte muss daher wieder verstärkt das Subsidiaritätsprinzip eingefordert werden. Das bedeutet, dass der Staat immer erst dann als Träger aktiv werden soll, wenn die freien, nicht-staatlichen Träger dies nicht selbst tun können oder wollen. Dieser Vorrang der zivilgesellschaftlichen Trägerschaft ist im Bundesfreiwilligendienst bisher nicht gegeben.

Positiv ist der Willen von CDU, CSU und SPD die Anerkennungskultur auszubauen. Dabei kommt es darauf an, in welcher konkreten und wirksamen Weise diese Anerkennung stattfindet. Bedenklich ist jedoch, dass hierbei die Freiwilligendienste und der Freiwilligendienst bei der Bundeswehr in einem Atemzug genannt werden. Der Dienst bei der Bundeswehr hat einen völlig anderen Charakter sowie eine andere Zielsetzung und Gestalt und kann deshalb mit allen anderen Freiwilligendiensten inhaltlich nur schwer verglichen werden. 

Die Zukunft lacht, wenn die Vielfalt an Diensten und unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen erhalten bleibt.