Energiewende

(vgl. Kapitel 1.4 des Koalitionsvertrags)

Zusammenfassung

Im Koalitionsvertrag wird ausführlich dargestellt, dass es eine energiepolitisches „Dreiecksbeziehung“ – Klima- und Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit – gibt. Es wird ausgeführt, dass die dahinter liegenden Ziele gleichrangig sein sollen. Aus der Sicht der Koalition wird die Energiewende nur dann bei Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft Akzeptanz finden, wenn Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gewährleistet werden, sowie industrielle Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Die Koalition strebt eine rasche Reform des Gesetzes zum Vorrang der Erneuerbaren Energien (EEG) an. Ziel dieser Reform ist es verlässliche Rahmenbedingungen in der Energiepolitik zu schaffen.  Die Reform soll bereits im Sommer 2014 verabschiedet werden.

Ein wichtiger Bestandteil des neuen EEGs soll ein festgelegter „Ausbaukorridor“ für Erneuerbare Energien sein. Bisher sind im EEG Ausbauziele definiert. Der geplante Ausbaukorridor wird auf 40-45% bis 2025 und 55-60% bis 2035 festgelegt.

Mit dem neuen EEG soll somit erstmals ein Instrument zur Begrenzung des Ausbaus von Erneuerbaren Energien eingeführt werden. 

Klimaschutzziele werden im Koalitionsvertrag wie folgt beschrieben:

  • Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um min. 40% gegenüber 1990
  • Innerhalb der Europäischen Union Reduzierung um 40% bis 2030

Die Klimaschutzziele sollen die drei Teilziele – Treibhausgasreduktion, Ausbau der Erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz – erreicht werden. 

Die Koalition stellt fest, dass die konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes auf absehbare Zeit unverzichtbar sind. Durch den kontinuierlichen Ausbau von Erneuerbaren Energien benötigen wir in Zukunft hocheffiziente und flexible konventionelle Kraftwerke. Solange keine anderen Möglichkeiten (wie z.B. Speicher oder Nachfragemanagement) ausreichend und kostengünstig zur Verfügung stehen, kann Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie nicht entscheidend zur Versorgungssicherheit beitragen. In diesem Zusammenhang wird die Koalition in den kommenden Jahren technisch und wirtschaftlich verfügbare Speicherpotentiale prüfen. Das bereits angelegte Forschungsprogramm wird (unverändert) fortgeführt. Am Atomausstieg soll unverändert festgehalten werden. Bis zum Jahr 2022 soll das letzte sich im Betrieb befindliche Atomkraftwerk in Deutschland abgeschaltet werden. Bis dahin ist die Sicherheit der AKWs zu gewährleisten. Von der Energiewirtschaft erwartet die Koalition, dass diese sich an den Kosten für den Rückbau der AKWs und an der Lagerung des entstehenden Atommülls beteiligt. Eine gesetzliche Regelung hierzu ist nicht vorgesehen.

Abschließend wird im Koalitionsvertrag festgestellt, dass es für eine gute Umsetzung der Energiewende eines Dialogs und Beteiligungsformen bedarf. Hierzu sollen zwei neuen Gremien/Einrichtungen eingerichtet werden. Zum einen strebt die Bundesregierung die Bildung eines „Forums Energiewende (Energierat)“ für den ständigen Dialog mit Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft und gesellschaftlich relevanten Gruppen an. Zum anderen soll ein Kompetenzzentrum „Naturschutz und Energiewende“ eingerichtet werden, um zu einer Versachlichung der Debatte und zur Vermeidung von Konflikten vor Ort beizutragen.

Bewertung

Aus der Sicht von heute und zukünftig in Deutschland lebenden Kindern und Jugendlichen sind die im Koalitionsvertrag beschriebenen Ziele und Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende enttäuschend. Für die Koalition aus CDU/CSU und SPD scheint das Anliegen der wirtschaftlichen Umsetzung der Energiewende heute eine weitaus höhere Bedeutung zu haben als die nachhaltigen Effekte eines konsequenten und raschen Umstiegs auf 100% Erneuerbare Energien in der Zukunft. Die im Koalitionsvertrag gemachten Ausführungen zu den einzelnen Bereichen unterstreichen die benannte Gleichrangigkeit der Ziele in den Bereichen „Klima- und Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit“ eher nicht. 

Für zukünftige Generationen ist die Erreichung der Klimaziele viel mehr als eine politische Willensaussage. Zukünftige Generationen werden viel mehr noch als die heute lebenden Menschen von den Auswirkungen des Klimawandels direkt betroffen sein.

Die Zukunft lacht, wenn es eine konsequenten Umsetzung der Klimaziele und eine rasche globale Einigung auf ein Nachfolgeprotokoll zum Kyoto-Protokoll gibt. Auf die Notwendigkeit eines solchen Nachfolgeprotokolls wird im Koalitionsvertrag leider überhaupt nicht näher eingegangen.

Grundsätzlich ist eine Überarbeitung bzw. Anpassung des Gesetzes zum Vorrang der Erneuerbaren Energien (EEG) auch aus der Sicht von jungen Menschen zu befürworten. Es bedarf einer Anpassung der Fördersätze um unangemessenen Ausbau von Erneuerbaren Energien (z.B. an ungünstigen Standorten für Windkraftanlagen oder Photovoltaikanlagen, die sich nur durch die EEG-Förderung rechnen) zu verhindern.

Ob es aber einer – wie im Koalitionsvertrag angekündigten - „grundsätzlichen Reform“ bedarf, muss in Frage gestellt werden. Das EEG in seiner grundsätzlichen Form der letzten über 20 Jahre hat viel dazu beigetragen, dass es heute überhaupt einen solch großen Anteil an Erneuerbaren Energien an der Energieversorgung in Deutschland gibt. Das EEG wurde zahlreich von andren Ländern „kopiert“ und hat sein Hauptziel - den Ausbau von nachhaltigen Erneuerbaren Energien zu fördern - absolut erreicht. – Der immer wieder angeführte Anstieg der EEG-Umlage ist nur ein Teil der Wahrheit. Von den hohem Gewinnen der Energiekonzerne und den nicht in Preissenkungen umgesetzten niedrigeren Erzeugungskosten – auch durch den Beitrag der Erneuerbaren Energien – findet sich im Koalitionsvertrag kein einziger Satz.

Die Zukunft lacht, wenn das EEG weiterhin ein Instrument der Förderung des konsequenten Ausbaus von Erneuerbaren Energien bleibt und nicht zu einem Instrument der Regulierung dieses Ausbaus durch Vorgabe eine „Ausbaukorridors“ umgewandelt wird.

Die Zukunft lacht, wenn neue Technologien der Energiegewinnung als zukunftsweisend angesehen werden. Der Koalitionsvertrag betont aber leider die Rolle der derzeitigen konventionellen (fossilen) Kraftwerke stark. Uns ist bewusst, dass eine Energiewende nicht von heute auf morgen hin zu 100% Erneuerbare Energien umgesetzt werden kann. Aber es muss immer deutlich werden, auf welche Technologien zukünftig gesetzt wird.

Positiv für junge Menschen ist das Festhalten am Atomausstieg. Allerdings müsste hier eine konkrete finanzielle Beteiligung der Betreibergesellschaften der AKWs an deren Rückbau und der Lagerung des zwangsläufig entstehenden zusätzlichen Atommülls gesetzlich festgeschrieben werden. Die im Koalitionsvertrag formulierten „Erwartungen“ an die Energiewirtschaft sind nicht ausreichend, weil es den Konzernen – vor dem Hintergrund ihrer Verfasstheit als Kapitalgesellschaften – nicht in erster Linie um gesellschaftliche (Mit-)Verantwortung geht, sondern um Gewinne und Renditen. Dieser Konflikt kann nur gesetzlich zum Wohl der Gesellschaft aufgelöst werden.

Die abschließende Feststellung der Koalition, dass es für ein Gelingen der Energiewende Dialog und Beteiligung bedarf ist aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen nur zu unterstreichen. Fraglich ist nur, ob unter der Formulierung „gesellschaftlich relevante Gruppen“, die an diesem Dialog beteiligt werden sollen, auch die Vertretungen von Kindern und Jugendlichen gehören werden.

Die Zukunft lacht, wenn Kinder und Jugendliche und deren legitimierte Vertretungen an der Ausgestaltung dieses wichtigen Zukunftsthemas angemessen beteiligt werden.