Bildungspolitik

Hochschulen und allgemeine Bildung
(vgl. Kapitel 1.2 des Koalitionsvertrags)

Zusammenfassung

Im Bereich Bildung wird den Hochschulen der mit Abstand größte Raum gegeben, schulische und außerschulische Bildung werden erst anschließend und wesentlich knapper in dem Abschnitt „Allgemeine Bildung“ behandelt. Eingangs formuliert der Vertrag eine gute und richtige Zielsetzung: „Wir wollen die Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Forschung (…) verstärken, damit in unserer Gesellschaft Teilhabe, Integration und Bildungsgerechtigkeit verwirklicht werden und unser Wohlstand auch künftigen Generationen erhalten bleibt.“ Im Anschluss daran wird der sozialgesellschaftlichen Dimension in der Hochschulpolitik jedoch nur noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt, stattdessen legt die Koalition den Fokus auf die Förderung des Wissenschaftsstandortes Deutschlands, der durch die Weiterführung der Exzellenzinitiative und des Hochschulpaktes international wettbewerbsfähig bleiben soll.  

Der Bereich „Allgemeine Bildung“ enthält ebenfalls eine zwar unterstützenswerte aber vage bleibende einleitende Zielsetzung: „Kulturelle Bildung erschließt neue Welten und trägt maßgeblich zur Persönlichkeitsbildung bei. Alle Kinder und Jugendlichen müssen deshalb Zugang zu kultureller Bildung haben.“ Im Folgenden befasst sich das Kapitel aber leider fast ausschließlich mit Fördermaßnahmen für die naturwissenschaftlich-mathematisch geprägten „MINT“-Fächer und der Notwendigkeit, digitale Bildung zu fördern, um auf die Erfordernisse einer „digitalen Wirtschaft“ reagieren zu können. 

Bewertung

Für uns als BDKJ bleiben die Vereinbarungen in der Bildungspolitik zu vage, um vor allem den Bedürfnissen der jungen Generation und damit den direkt Betroffenen gerecht zu werden. Die soziale Selektivität unseres Bildungssystems ist eines der dringendsten Probleme, auf die die Vertragspartnerinnen und -partner keine konkrete Antwort finden. Es bleibt offen, wie gesellschaftliche Teilhabe, Integration und Bildungsgerechtigkeit in Zukunft hergestellt werden sollen. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Arbeit von Jugendverbänden, die non-formale und außerschulische Bildungsangebote sowohl in Kooperation mit Schulen als auch neben diesen ermöglichen. Zur Verwirklichung einer ganzheitlichen Bildung, verstanden als ein umfassender Prozess der Persönlichkeitsentwicklung, der zu selbstbestimmter Teilhabe an der Gesellschaft befähigt, sind unverzichtbar. 

Die Zukunft lacht, wenn Bildungspolitik nicht auf Kriterien der wirtschaftlichen Nutzbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit eng geführt und damit den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen nicht gerecht wird.

Die Zukunft lacht, wenn junge Menschen Raum zur freien Entfaltung, zum gesellschaftlichen Engagement und zur Selbstverwirklichung abseits von Leistungstests und Curricula haben. Hier ist der Koalitionsvertrag zu unausgewogen, da er weder die Herausforderungen durch die G8-Schulzeitverkürzung, noch die Umstellung des Hochschulsystems auf BA/MA überhaupt erwähnt. Eine tiefer gehende Analyse dieser Umstellungen im Sinne der Kinder und Jugendlichen ist dringend notwendig. Gleiches gilt auch für den Bereich der „Digitalen Bildung“, den der Vertrag in diesem Kapitel ausschließlich vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Anforderungen hervorhebt. Dabei ist digitale Bildung und Medienkompetenz einer der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft, nicht nur im Sinne der Wirtschaft sondern für unsere gesamte Gesellschaft.

Eine Bildungspolitik im Sinne der Strategie „U28 – Die Zukunft lacht“ muss die Bedürfnisse der jungen Generation in den Fokus stellen. Bildung muss als ganzheitlicher Prozess mit wesentlicher sozial-gesellschaftlicher Dimension gedacht werden und darf sich nicht von der wirtschaftlichen Interessenlage leiten lassen. Die große Koalition bleibt in ihren Erklärungen hier leider zu vage um dies zu gewährleisten. 

Berufliche Bildung
(vgl. Kapitel 1.2 des Koalitionsvertrags)

Zusammenfassung

Die berufliche Bildung soll als Erfolgsmodell die Qualifizierung möglichst vieler junger Menschen sicherstellen und einen Beitrag zur Sicherung des zukünftigen Fachkräftebedarfs und Wohlstands leisten. Auch angesichts des demografischen Wandels, sollen alle jungen Menschen erreicht werden mit einer präventiven Beratung, die an der individuellen Bildungsbiografie ansetzt. Geschlechtsspezifische Muster sollen aufgebrochen werden. Hierzu soll ein lokal verankertes Beratungs- und Informationsnetzwerk genutzt werden. Die Initiative „Bildungsketten“ soll, wie auch die Berufseinstiegsbegleitung, ausgebaut und die Chancen einer assistierten Ausbildung genutzt werden. Der Ausbildungspakt soll mit den Sozialpartnern, also auch mit den Gewerkschaften, zur „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ weiterentwickelt werden. Diese soll genutzt werden zur Umsetzung einer Ausbildungsgarantie, die insbesondere zur Unterstützung von Jugendlichen mit schlechteren Startchancen durch ausbildungsbegleitende Hilfen und die assistierte Ausbildung stärken soll. Das Prinzip der Inklusion soll mit Blick auf junge Menschen mit Behinderung umgesetzt werden. Das Übergangssystem soll überprüft werden. Die duale Ausbildung soll gestärkt werden, die Möglichkeit zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen verbessert werden. In der beruflichen Bildung sollen internationale Bildungskooperationen eingegangen werden. Angesichts des demografischen Wandels, wird die Bedeutung des lebenslangen Lernens betont, die Weiterbildung soll ausgebaut werden. 

Bewertung

Nicht nur vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist es wichtig, alle jungen Menschen zu erreichen und für alle Möglichkeiten zu schaffen, den Einstieg in Qualifizierung und Berufsbildung zu finden.

Die Zukunft lacht, wenn der geplante Ausbau der Initiative „Bildungsketten“ mit der flächendeckenden Gestaltung der Berufseinstiegsbegleitung umgesetzt wird. Allerdings ist es hier notwendig, ein kontinuierliches Beratungsangebot in einem Netzwerk vor Ort aufzubauen, das unabhängig von der Vergabe der Arbeitsagenturen realisiert werden kann. Die assistierte Ausbildung ist als Unterstützung im Dreiecksverhältnis zwischen Jugendlichen, Betrieben und Bildungsträgern sinnvoll umzusetzen. Es ist am Bedarf und der Auswahl durch den einzelnen bzw. die einzelne Jugendliche und durch die Betriebe auszurichten, um ein erfolgreiches Angebot umsetzten zu können.

Die Zukunft lacht, wenn die Allianz für Aus- und Weiterbildung sich an den Bedarfen der förderungsbedürftigen Jugendlichen orientiert. Die Allianz für Aus- und Weiterbildung muss einen Beitrag für die Integration Benachteiligter unter Wahrung von ArbeitnehmerInnenrechten insbesondere der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten. Die Ausbildungsgarantie darf nicht als unbestimmter Anspruch im Raum schweben, sondern muss durch ein Recht auf Ausbildung effektiv eingelöst werden.

Das Übergangssystem wird weiterhin notwendig sein, um geraden jungen Menschen mit schlechteren Startchancen wichtige Integrationshilfen zu geben. Es darf aber nicht weiter dazu genutzt werden, ausbildungsreife Jugendliche wegen der zu geringen Kapazität vorhandener Ausbildungsplätze, auf dem Qualifikationsniveau zu halten. Fehlende betriebliche Ausbildungsplätze erfordern eine Reaktion, die auch nicht ausbildende Betriebe in die Verantwortung mit einbezieht.

Die Zukunft lacht, wenn die vorhandenen Lücken durch außerbetriebliche Ausbildungsangebote geschlossen werden. Duale Ausbildungsberufe dürfen nicht in vollzeitschulischen Ausbildungen umgesetzt werden, da dies die Idee der betriebsnahen Ausbildung konterkariert.

Die Zukunft lacht, wenn die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen und die Unterstützung von Qualifizierungsmaßnahmen für junge Migrantinnen und Migranten, als ein wichtiger Schritt vorangetrieben wird, um Gerechtigkeit zu schaffen und die berufliche Integration dieser Menschen.